Medienkompetenz - ein paar Gedanken


Nun haben erstmal die Weihnachtsferien angefangen, aber man muss kein Prophet sein, um abzusehen, dass wahrscheinlich die Schule im neuen Jahr nicht wieder losgeht, als wäre nichts gewesen. Alle müssen darauf eingestellt sein, dass der Unterricht mindestens zum Teil aus der Ferne stattfinden wird. Es sieht aber zumindest so aus, als stünden dafür, anders als im Frühjahr auch digitale Werkzeuge bereit, um einen Unterricht aus der Ferne möglich zu machen. Zum Glück!

Allerdings ist noch nicht alles supi, jüngste Beispiele beschreibt die SZ hier und hier. Mir ist es aber ungeheuer wichtig, dass die Antwort darauf keine Kopf-in-den-Sand-Strategie ist, die alles Digitale verteufelt und wir wieder zu per Email verschickten Arbeitsblättern zurückkehren müssen. Neben dem Ausbügeln technischer Startschwierigkeiten gehört aber dazu, dass unsere Kinder lernen, wie man sich sicher im digitalen Raum bewegt. Idealerweise erfolgt diese Medienbildung sowohl in den Schulen als auch in den Familien. Dazu würde ich gerne ein paar Thesen loswerden.

  • Selbstverständlich gibt es dunkle Ecken in diesem Internetz. Ich bin aber davon überzeugt, dass der Versuch diese mit technischen Mitteln (wie etwa Jugendschutzfiltern) zu verbergen, immer zum Scheitern verurteilt ist. Erstens können diese nicht zuverlässig funktionieren, sperren immer legitime Seiten aus obskuren Gründen und lassen dann doch wieder Zweifelhaftes durch. Viel wichtiger ist aber, dass diese Verbote, das, was sich hinter ihnen verbirgt, nur noch viel spannender macht. In der Regel sind Kinder die viel besseren Hacker als ihre Eltern und finden Mittel und Wege, solche Filter zu umgehen, entweder indem sie herausfinden, wie man sie ausschaltet oder technisch untertunnelt - solches Wissen verbreitet sich sehr effektiv - oder einfach indem man einen ungefiltertes Telefon oder Computer findet und dann natürlich erst recht mal nachsehen muss, was denn da so Ungeheuerliches hinter der Schranke verborgen ist. Als ich Kind war, war bei Oliver der Fernseher in einem verschlossenen Schrank. Selbstverständlich wusste Oliver, wo der Schlüssel war und sobald die Eltern aus dem Haus waren, haben wir natürlich "V" auf VHS geschaut.
  • Da sich das Problem nicht technisch lösen lässt, muss es sozial gelöst werden. Wir müssen mit den Kindern (zu Klarstellung: meine beiden sind im Grundschulalter) reden und mit ihnen besprechen, dass eben nicht alles im Internet für Kinder geeignet ist. Meistens merkt man das daran, dass es in langweiliger Erwachsenensprache geschrieben ist, es gibt aber auch unheimliche Sachen. Wenn sie auf sowas stoßen, sollen sie einfach wieder weggehen oder sich Erwachsene zur Hilfe holen. Generell sind wir auf Zuruf immer für sie bereit, um sie im Internet zu unterstützen. Das gelte auch insbesondere, wenn sie von Fremden oder auch nur Leuten, die sie nicht aus dem echten Leben kennen, in irgendeiner Weise angesprochen werden. Da sollen sie sich nicht drauf einlassen oder wenigstens erstmal die Eltern fragen, ob das ok ist.
  • Umgekehrt müssen sich auch die Kinder an Regeln des Umgangs miteinander halten. Sie sollen nichts machen, um andere zu ärgern oder gemein zu ihnen zu sein ("Be excellent to each other" heisst das beim CCC). Als Richtschnur haben wir ausgegeben, sie sollen nur Dinge schreiben, die sie auch laut vor der ganzen Klasse sagen würden. Insbesondere sollen sie immer davon ausgehen, dass alles, was sie da machen, auf sie zurückfallen wird.
  • Wir haben unseren Kindern geraten, nur pseudonym und nicht mit ihrem echten Namen unterwegs zu sein, keine persönlichen Informationen von sich zu teilen (ich glaube sie haben verstanden, dass das Internet nicht vergisst) und insbesondere keine Fotos von sich zu posten. Im Schulumfeld bei Teams geht das natürlich genau nicht, hier sind sie mit ihrem Realnamen authentifiziert, das bedeutet aber auch umgekehrt, dass an all ihrem Treiben ihr Name dran steht.
  • Irgendwann in wahrscheinlich nicht zu ferner Zukunft müssen wir dann wahrscheinlich auch über Porno reden und dass der nicht echten Sex zwischen echten Menschen darstellt. Aber bis dahin sind vielleicht noch ein paar Tage Zeit. Kluge Dinge dazu hat Tweena im CRE Podcast gesagt.
  • Auch Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre, auch vor ihren Eltern und auch im Internet. Dafür sind sie auch nicht zu jung. Es ist wichtig, dass sie wissen, dass ich ihnen nicht nachspioniere, selbst wenn ich technisch dazu die Möglichkeit habe. Das entbindet mich aber natürlich nicht meiner Verantwortung für das Handeln meiner minderjährigen Kinder. Die stelle ich aber nicht durch Überwachung sicher, sondern durch vertrauensvolle Kommunikation, siehe oben.
  • All das ist nicht viel anders, als beim Taschenmesser, das wir unseren Kindern auch überlassen. Damit kann man sich theoretisch verletzen, aber wenn die Kindern um den sicheren Umgang damit wissen, ist die Gefahr überschaubar. Ich bin davon überzeugt, dass die Schäden durch einen Verzicht auf digitale Mittel für die Schule zu Zeiten des Virus viel größer wären, als die theoretischen Gefahren, denen unsere Kinder ausgesetzt sind, wenn Unbekannte ihnen zweifelhafte Bilder schicken können.
Wir Eltern müssen dafür sorgen, dass unsere Kindern zu verantwortungsvollen Bürgern heranwachsen. Das gilt im real life wie im digitalen. Das erfordert aktives Erziehen, ist aber auch kein Hexenwerk. Dazu gibt es vielseitige Hilfen, auch im Internet. Erwähnen möchte ich dazu vor allem auch die Initiative Chaos macht Schule, auch dazu gibt es einen CRE Podcast.

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